Familienrecht - Das Scheidungsverfahren

Gerade unter Berücksichtigung der Vorschriften des internationalen Privatrechtes lässt sich sicherlich kein allgemeingültiges Schemata für den Verlauf eines Scheidungsverfahrens in Deutschland wiedergeben. Die Regelungen des internationalen Privatrechtes können zu der Anwendung unterschiedlichster Rechtsnormen, aus beinahe jedem auf der Welt erdenklichen Rechtskreis führen. Die nachfolgenden Ausführungen sollen lediglich einen beispielhaften Überblick über den Verlauf eines Scheidungsverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland, unter Anwendung des deutschen Familienrechtes und in der einfach gelagerten Fallkonstellation einer einvernehmlichen Scheidung wiedergeben.

Das Trennungsjahr

Das deutsche Recht ermöglicht die Scheidung einer Ehe nur, wenn diese als gescheitert zu betrachten ist. Der Gesetzgeber geht hierbei davon aus, dass grundsätzlich von einem Scheitern der Ehe erst dann ausgegangen werden kann, wenn die Ehegatten ein Jahr getrennt leben. Ausnahmen von der Voraussetzung des sogenannten Trennungsjahres werden lediglich bei dem Vorliegen von unzumutbaren Härten eingeräumt.

Anstatt eines Antrages auf Scheidung der Ehe ist auch ein Antrag auf Aufhebung der Ehe denkbar.
Ein solcher Antrag könnte im Extremfall sogar unmittelbar nach Eingehung der Ehe bei dem zuständigen Familiengericht gestellt werden. Ein typischer Anwendungsbereich der Eheaufhebung ist die sogenannte “Scheinehe”.

Der Scheidungsantrag

Ein Antrag auf Scheidung einer Ehe bei dem zuständigen Familiengericht kann nur von einem Rechtsanwalt gestellt werden, da in sämtlichen Familiensachen vor den Familiengerichten der sogenannte Anwaltszwang herrscht. Bei einer einvernehmlichen Scheidung bedeutet dies, dass zumindest einer der beiden Ehepartner von einem Rechtsanwalt vertreten sein muss, wobei stets beachtet werden sollte, dass der Rechtsanwalt niemals die Interessen beider Ehepartner vertreten kann oder darf. Insofern jedoch kein Streit zwischen den Ehepartnern besteht, kann es sich dennoch anbieten, aus Kostengründen den Antrag auf Ehescheidung lediglich durch einen Ehepartner bzw. dessen Rechtsanwalt vor dem Familiengericht stellen zu lassen. Der andere Partner muss nicht zwangsläufig anwaltlich vertreten sein. Insofern der andere Partner vor dem Familiengericht der Scheidung zustimmt und nicht beabsichtigt eigene Anträge zur Scheidung oder zu der mit der Scheidung verbundenen Folgesachen (beispielsweise Unterhalt, Zugewinn etc.) zu stellen, kann auf die Hinzuziehung eines weiteren Anwaltes verzichtet werden.

Scheidungsfolgen

Bereits bei Einleitung des Scheidungsverfahrens durch die entsprechende Antragsstellung vor dem Familiengericht muss angegeben werden, ob die Ehegatten eine Regelung für die sogenannten Scheidungsfolgen, also der elterlichen Sorge, den Umgang und die Unterhaltspflicht gegenüber den gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern, sowie die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und an den Haushaltsgegenständen getroffen haben. Entgegen weitverbreiteter Meinung werden diese Fragen nicht zwangsläufig von dem Gericht bei der Scheidung der Ehe mitentschieden. Bei Stellung eines einvernehmlichen Scheidungsantrages wird das Gericht lediglich über die Scheidung der Ehe selbst und den sogenannten Versorgungsausgleich entscheiden. Entscheidungen des Gerichts zu den Ehefolgesachen (Unterhalt, Sorgerecht der gemeinschaftlichen Kinder, Zugewinnausgleich etc.) werden nur bei Stellung eines entsprechenden Antrages durch einen der Ehegatten vor Gericht entschieden. Der Grund für die Verpflichtung zur Angabe, ob eine Einigung über diese Fragen erreicht worden ist, liegt letztendlich in der damit bestehenden Warn- und Hinweisfunktion für die jeweiligen Ehegatten. Die Ehegatten sollen sich Klarheit über die Folgen der Trennung und der beabsichtigten Scheidung verschaffen.

Sämtliche offenen Fragen rund um die Auseinandersetzung der Ehe, seien sie finanzieller Natur oder betreffen sie das Sorge- und das Umgangsrecht für die gemeinsamen Kinder, können in einer sogenannten Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen werden. Gerade bei der Vorbereitung einer einvernehmlichen Ehescheidung ist es stets empfehlenswert eine solche Vereinbarung im Vorfeld der Einreichung des Scheidungsantrages zu verhandeln und abzuschließen. Der Abschluss einer Vereinbarung bietet den Ehegatten letztendlich auch die Sicherheit, dass am Tage der Scheidung der Ehe durch das Gericht sämtliche streitigen Fragen geklärt sind und keine weiteren Ansprüche aus der ehemaligen Ehe gegeneinander gestellt werden können. Die umgekehrte Situation, dass die Ehe zwar geschieden, jedoch noch über einen längeren Zeitraum isolierte Zugewinn- oder Unterhaltklagen aus der ehemaligen Ehe vor Gericht anhängig sind, ist erfahrungsgemäß äußerst unbefriedigend und mitunter psychisch belastend für die ehemaligen Ehegatten. Letztendlich sind solche Situationen regelmäßig auch unnötig, da meistens, im Wege der Verhandlung, eine für beide Seiten tragbare Lösung gefunden werden kann, welche wie geschildert, das Verfahren wesentlich beschleunigt und auch kostengünstiger gestaltet als längeres Prozessieren durch mehrere Instanzen. Es muss jedoch unbedingt davon abgeraten werden, dass Eheleute ohne entsprechende Beratung eigene privatschriftliche Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen schließen. Neben der oft unbewussten rechtlichen Tragweite solcher Erklärungen, sind diese zumeist unwirksam, da für den Abschluss von Vereinbarungen zu diversen Scheidungsfolgesachen, wie z. B. dem nachehelichen Unterhalt, der gesetzliche Formzwang der notariellen Beurkundung besteht.

Nach Eingang der Scheidungsantragsschrift und Zahlung der anfallenden Gerichtsgebühren wird der Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner zur Stellungnahme zugestellt. Bei einer einvernehmlichen Scheidung erklärt dieser sodann regelmäßig dem Gericht gegenüber sein Einverständnis mit der Scheidung. Mit Zustellung der Scheidungsschrift werden auch bereits beide Eheleute von dem Gericht aufgefordert, die amtlichen Formulare zum sogenannten Versorgungsausgleich auszufüllen und diese dem Gericht zukommen zu lassen. Das Gericht wendet sich sodann an die Rentenversicherungsträger, um die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften zu ermitteln.

Der Versorgungsausgleich

Bei dem Versorgungsausgleich handelt es sich um die Fortsetzung des Zugewinnausgleiches in dem Bereich der Renten- und Versorgungsanrechte. Grundsätzlich werden die zwischen den Parteien erworbenen Renten- und Versorgungsanwartschaften gleichmäßig aufgeteilt. Der Versorgungsausgleich bzw. die Einholung der hierfür notwendigen Informationen von den diversen Rentenversicherungsträgern sowie anderen Beteiligten, wie beispielsweise Rentenversicherungsgesellschaften, kann, insbesondere bei dem Vorliegen von im Ausland erworbenen Rentenanwartschaften, zu einer erheblichen Verzögerung des Scheidungsverfahrens führen. Gerade wenn im Ausland Rentenanwartschaften erworben worden sind, kann es mitunter mehrere Monate oder sogar Jahre dauern, bis die dortigen Renteninstitutionen die für das Gericht notwendigen Informationen beibringen. Um das Scheidungsverfahren jedoch nicht unendlich hinauszuzögern, besteht die Möglichkeit das Versorgungsausgleichsverfahren von dem eigentlichen Scheidungsverfahren abzutrennen. Allerdings kann eine solche Abtrennung regelmäßig erst dann vorgenommen werden, wenn seit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ein Zeitraum von drei Monaten verstrichen ist, beide Ehegatten die erforderlichen Mitwirkungshandlungen in der Versorgungsausgleichssache vorgenommen haben und beide übereinstimmend deren Abtrennung beantragen.

Der Scheidungstermin

Nachdem sämtliche notwendigen Informationen zum Versorgungsausgleich vorliegen, bestimmt das Gericht einen Termin zur Verhandlung der Scheidung und Anhörung der Eheleute. Hierbei werden die Eheleute persönlich zu den Fragen des Trennungszeitpunktes, der Trennungsumstände sowie deren Wunsch die Ehe fortzuführen oder nicht, von dem Gericht befragt. Sollte sich einer der beiden Ehegatten im Ausland befinden, ist es möglich die persönliche Anhörung im Termin durch die Beibringung entsprechender, von einem deutschen Konsulat beglaubigten Erklärungen, zu verhindern. Insofern die Voraussetzungen der Ehescheidung gegeben sind und beide Ehegatten die Scheidung wünschen, kann bereits in diesem ersten Termin von dem Gericht die Scheidung der Ehe ausgesprochen werden. Durch eine von beiden Ehegatten bzw. deren Rechtsvertreter abgegebene sogenannte Rechtsmittelverzichtserklärung, kann sogar eine Rechtkraft der Scheidung bereits zu diesem frühen ersten Termin erreicht werden.

Die zeitliche Dauer eines solchen Scheidungsverfahrens hängt von vielen Faktoren ab. Die Verfahrensdauer hängt von dem Umfang der Streitigkeiten sowie der individuellen Auslastung des jeweilig zuständigen Gerichtes ab. Erfahrungsgemäß führt jedoch eine gute Vorbereitung der Ehescheidung und der Abschluss einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung zu einer wesentlichen Beschleunigung des gesamten Verfahrens.